Bienen eigener Zuchtrichtung

Meine Erfahrungen aus den letzten Jahren

Einleitung

Ich habe mich 1997 mit meiner Imkerei Naturland angeschlossen. In ökologischen Anbauverbänden ist z. B. eine Behandlung gegen die Varroose u.a nur mit Säuren erlaubt.

Völker, die noch in Spättrachten standen, hatten meist schlechte Karten. Eine Behandlung im Spätsommer kam meistens zu spät. Dementsprechend waren auch die Verluste, trotz Behandlung. Im Winter 1999 fand ich im Internet die Artikel zu den Versuchen in Amerika mit Primorki-Bienen. Dr. Rinderer berichtete von Bienen, die ohne Varroabehandlung überleben und zur Honigproduktion geeignet sind.

Im Sommer 2000 wurden die ersten Primorski-Königinnen aus Amerika importiert. 2001 erfolgte ein weiterer Import. In den Folgejahren wurde mir klar, dass ich in meiner Imkerei mit reinen Primorkibienen nicht weiterkommen würde. Die Völker entwickelten sich langsam und waren erst in der Sommertracht auf der Höhe. Sie setzten lange Zeit viele Schwarmzellen an, die Varroaresistenz oder –toleranz war nicht bei allen Herkünften gleich ausgeprägt.

Ab 2001 wurden vor allem Buckfast- und Elgonbienen mit Primorskidrohnen begattet. Aber auch andere Herkünfte wurden getestet. Da meine Völkerzahl nicht ausreicht, auf Dauer vier oder 5 Herkünfte weiterzuführen, beschränkte ich mich ab dem Jahr 2005 auf zwei Herkünfte:

Elgon x Buckfast und Elgon x Primorski. Nachkommen dieser Herkünfte überleben nicht nur ohne Behandlung, sie bringen auch Honig und sind weitaus schwarmträger als reine Primorkibienen.

Besonderheiten

Mir fiel von Anfang an auf, dass die Überlebensrate bei standbegatteten Königinnen nicht geringer war, als bei Königinnen, die auf Belegstellen gezielt angepaart wurden. Ich gehe deswegen mittlerweile davon aus, dass es ein Merkmal Varroaresistenz oder –toleranz nicht gibt! Das gesamte Volk macht den Unterschied. Es spielen viele Faktoren eine Rolle. Es scheint auch so zu sein, dass die Bienen den Umgang mit der Varroa erst lernen müssen.

In den Anfangsjahren hatte ich noch etliche Völker, die schon im  Sommer oder Herbst zusammenbrachen (schwach, nervös, stechfreudig, Brut, die beim Schlüpfen hängen bleibt, verkrüppelte Bienen). Mittlerweile treten Verluste erst im Frühjahr auf.

Selektionskriterien

Völker, die stechen oder sehr nervös sind, haben meist auch zu viele Varroen. Die Volksharmonie ist gestört. Sie entwickeln sich einfach nicht richtig. Dazu kommt, dass diese Völker auch im Sommer große Brutlücken aufweisen. Diese Völker stelle ich auf einen eigenen Stand und entweisele sie. Nach einer Woche, auf jeden Fall, bevor eine neue Königin schlüpft, werden die Nachschaffungszellen zerstört und eine schlupfreife Zelle zugesetzt. Soll eine begattete Königin zugesetzt werden (je nach Jahreszeit), warte ich nochmals mindestens eine Woche (evtl. nochmals Zellen brechen). Durch einen derartigen Brutstopp reduziert sich meist auch die Zahl der Varroen. Sind die Völker schon zu stark durch Varroen oder Viren geschädigt, geht es aber meist trotzdem im Winter ein. Einen Versuch ist es aber wert, denn überleben würde ein derartiges Volk ohne Hilfe auf keinen Fall.

Ich füttere im späten September nochmals. Damit kann ich „kranke“ Völker nochmals ausselektieren. Wird das Futter nur spärlich oder gar nicht abgenommen oder fliegen die Bienen auch bei kühlen Temperaturen auf, stimmt meist auch irgend etwas nicht.

Da man zu dieser Jahreszeit nicht mehr viel machen kann, stelle ich derartige Völker auf einem eigenen Stand zusammen. Läßt man kranke Völker, die im Herbst oder Winter zusammenbrechen, bei den anderen stehen, kann es passieren, dass auch Völker eingehen, die ohne den Invasionsdruck aus den kranken zusammenbrechenden Völkern, den Winter überstanden hätten.

Beim Lesen der Literatur über Bienenherkünfte mit Anzeichen von Varroatoleranz oder –resistenz fallen einige Besonderheiten auf: Die Bienen sind meist sehr schwarmfreudig und das Zellenmass liegt zwischen 4,7 und 5,1. Auf jeden Fall sind die Zellen kleiner als bei uns üblich (z. B. Afrikanische Bienen oder afrikanisierte Bienen in Südamerika).

Deswegen verwende ich seit einigen Jahren ebenfalls Waben mit kleineren Zellen und versuche den Brutstopp, den die „Naturvölker“ durch das Schwärmen einbauen durch eine weisellose Zeit gegen Ende der Saison nachzuahmen oder auch, wie oben beschrieben, nach Bedarfs.  D. h. im Normalfall teile ich meine Völker spätetens Mitte Juli, breche nach gut einer Woche die Nachschaffungszellen aus und beweisele sie entweder mit einer schlupfreifen Zelle oder setze nach einer weiteren Woche eine begattete Königin zu (je nach Jahreszeit). Diese Vorgehensweise muss auf jeden Fall an die herrschende Trachtsituation angepasst werden. Ich bin noch auf der Suche nach dem günstigsten Zeitpunkt.

Jungvölker und/oder Altvölker

Mir fiel bei meinen Versuchen weiter auf, dass Jungvölker eine weiteraus größere Überlebenschance haben, als Völker mit zwei –oder dreijährigen Königinnen. Momentan bin ich am Rätseln, warum ich Überwinterungsverluste habe, obwohl die Zahl der Varroen in den Völkern eigentlich nicht besorgniserregend hoch ist. Für das Überleben von Bienenvölkern muss es noch andere Parameter geben. Imker, aus verschiedenen Teilen Europas kommen mit den annähernd gleichen Bienenmaterial zu vollkommen unterschiedlichen Ergebnissen. In Dänemark oder Norwegen , z. B. liegen die Verluste gerade mal bei etwa 5 %, obwohl dort auch Altvölker überwintert werden. Ich tausche mit diesen Imkern deswegen nicht nur Königinnen, ich habe komplette Völker mit alten Königinnen, Waben und Bienen zu mir geholt. Sollten die Kontrollvölker in den Heimatländern überleben, die nach Deutschland importierten Völker dagegen eingehen, muss es noch andere Überlebensrisiken bei uns geben. Zu diesen Vergleichsversuchen wird später berichtet.  

Ergebnisse

Mit dieser Kombination aus Betriebsweise und geeigneten Bienenherkünften komme ich ohne Varroabehandlung über die Runden. Die Winterverluste betragen rund 30 %. Weitere 20 % fallen im Laufe des Jahres für die Honigproduktion aus (Schwärme, Völker mit zu vielen Varroen, bei den Schwarmkontrollen verletzte Königinnen, usw). Die Verluste resultieren auch daher, dass ich versucht habe in der Vergangenheit zu viele Herkünfte zu testen.

 

Nr. Abstammung Zahl der Probe Milben Milben/100 Bienen Datum
7 .05-EL89(KK) standbeg. 92 0 0 26.07.2005
Eine Tochter von einer 2003 geborenen Königinnen. Die Bienen wurden von einem Carnicaschwarm genommen. Die ersten Zellen wurden in dem Volk zum Zeitpunkt der Probenentnahme gerade verdeckelt.
505 .05-B217(KK) standbeg. 96 1 1 26.07.2005
Eine Tochter von einer künstlich besamten Buckfastkönigin. Die Bienen des Ablegers stammen von einem Carnicaschwarm. Bei der Probenentnahme sind bereits überwiegend eigene Bienen in dem Kasten.
89 .03-EL13(IK) hsbg B150(AF) 62 2 3 26.07.2005
Die Königin ist 2003 geboren. Diese alte Königin wurde in eine Minipluseinheit gegeben. Das Volk wurde geteilt. Es ist eine neue Königin im Kasten, die noch nicht legt. Die alte Brut ist geschlüpft.
44 .05-EL44(KK) standbegattet 91 11 12 26.07.2005
Dieses Volk schwärmte Ende Mai. Die Mutter war eine importierte Elgon-Königin. Die Neue Königin stammt aus dem eigenen Volk. Das Volk ist unruhig. Trotz des Schwamraktes hat es nach meiner Erfahrung zu viele Milben.
510 .04-Elgon(Bornholm) 98 0 0 26.07.2005
Volk mit 2-jähriger Königin, dass Mitte Juni aus Dänemark (Bornholm) importiert wurde.

 

Nr. Abstammung Datum der Probe
18.09.2003

31.10.2003

07.05.2004
89 .03-EL13(IK) hsbg  B150(AF) 10 20 0



Vorgehensweise für Nachahmer

  • Suchen Sie in ihrem Völkerbestand nach den Völkern mit den geringsten Milbenzahlen (entweder durch Auszählen des natürlichen Milbenfall oder mittels Alkohol-Waschmethode). Die Zahl der Varroen ist momentan die einzige Zahl, die man fassen und bewerten kann. Ob allerdings die Anzahl der Varroen der ausschlaggebende Faktor ist sei dahingestellt. Bei mir überleben auch Völker, die anhand der Varroazahlen eigentlich schon im Sommer eingehen müssten. 
  • Stellen Sie die Völker mit den geringsten Milbenzahlen auf einen separaten Platz und überwintern sie diese Völker ohne Behandlung. 10 Völker sollten es schon sein.
  • Ziehen Sie im nächsten Jahr von den beiden besten Völkern nach stellen Sie die Jungköniginnen zur Begattung auf ihren Überlebensstand auf. Die Kriterien sollten so aussehen: Überleben ohne Varroabehandlung, Honigleistung , Schwarmträgheit. Selektieren sie nicht auf zu viele Merkmale. Die wichtigsten reichen vorerst.
  • Teilen Sie die überlebenden Völker spätestens im Juli und erweitern Sie damit ihren Überlebensstand. Mit dem Wachsen des Überlebensstandes können Sie die Anzahl der behandelten Völker reduzieren.
  • Wenn es mit ihren eigenen Bienen nicht klappt und ihnen die Rasse egal ist, greifen sie auf Bienen zurück, die bereits ohne Behandlung gehalten werden.
  • Suchen Sie sich nach Möglichkeit einen Mitstreiter in ihrer Nähe. In Depressionsphasen (und die werden mit Sicherheit eintreten) können Sie sich gegenseitig wieder aufrichten.

Zusammenfassung und Ausblick

Bei meiner Art des Imkerns ohne Varroabehandlung kann man von zwei Perspektiven betrachten: Das Glas ist halb leer oder das Glas ist halb voll. Als Optimist neige ich zu dem halbvollen Glas. Sicher ist für mich auf jeden Fall, dass ein Imkern ohne Varroabehandlung mit geeigneten Bienen und einer modifizierten Betriebsweise (Brutstopp, kleine Zellen) möglich ist.

Ein Problem ist, dass die Mehrzahl der Imker abwartet und auf eine „Superkönigin“ hofft, die alle Probleme lösen wird. Nach meinen Erfahrungen wird sich die Varroasituation nicht an einer „Superkönigin“ festmachen lassen. Das Überleben eines Volkes ohne Behandlung gegen die Varroose hängt nicht nur von der Königin ab. Wir haben bei uns ein Sprichwort, dass sich gut auf die Varroaresistenz- oder toleranzzucht anwenden lässt:

„Niad nougehm zwingd’s Eis!“ (nicht nachgeben (stur sein) bricht das Eis)

Über meine Emailadresse bin ich gerne bereit, Nachahmern mit Rat und Tat zur Seite zu stehen

unbehandeltes Volk im Sommer

Belegstelle für Primorskiköniginnen inmitten einer geschlossenen Waldfläche

 

Völker mit solchen Brutwaben können eingewintert werden
... und hier eine Brutwabe aus diesem Volk. Die Brutlücken halten sich in Grenzen. Dieses Volk kann eingewintert werden

 

 

Völker mit solchen Brutwaben werden im Winter Schwierigkeiten bekommen
Völker mit solchen Brutwaben (Lücken) sollte man nicht einwintern. Man kann versuchen, dass Volk mittels Entweiseln, angemessener Wartezeit und Neubeweiseln zu retten.

 

offenes Primorskivolk
Meine Völker werden mit einer Zigarette und einem Stockmeissel bearbeitet.Wird ein Smoker oder Schleier benötigt, stimmt meist etwas mit dem Volk nicht.Mit stechfreudigen Völkern wird wie beschrieben verfahren. Im Bild der Autor (links) und Erik Österlund

zurück ...

Impressum AGB's